Gäste in mir

Gäste in mir

Traurigkeit, Angst, Erschöpfung, Erschütterung, Erschrecken, Wut, Aggression, Verzweiflung, sie alle sind Gäste in meinem inneren Haus. Manche kommen leise, andere stürmen herein, werfen Türen aus den Angeln, reißen Fenster auf. Sie bringen Unruhe, Schatten, Chaos. Und doch tragen sie Geschenke in den Händen, auch wenn ich sie oft nicht erkennen möchte.

Die Traurigkeit ist wie ein stiller Regen, der durch mich hindurchfällt. Sie wäscht meine Seele klar und zeigt mir, was mir wirklich bedeutet. In ihr liegt Erinnerung, Liebe, das Echo vergangener Nähe. Angst ist der kalte Wind, der mir den Atem raubt, aber auch der Wind, der mich aufmerksam macht, dass ich am Rand eines Abgrunds stehe. Sie will mich nicht lähmen, sie will mich wachrütteln, damit ich achtsam meinen nächsten Schritt machen kann. Erschöpfung ist das müde Flimmern nach einem zu langen Tag, das Flüstern der Seele. Sie flüstert mir zu, ruh dich aus. Sie lädt mich ein, loszulassen, still zu werden, zurückzukehren zu dem, was einfach da ist. Erschütterung und Erschrecken sind die Beben unter meinen Füßen, wenn das, woran ich geglaubt habe, zerbricht. Doch in den Rissen, die sie hinterlassen, wächst manchmal das Neue.

Dann ist da die Wut, feurig, ungezähmt, ein brennender Strom. Sie will nicht zerstören, sie will befreien. Sie ist die Kraft, die sagt. Bis hierhin und nicht weiter. In ihr brennt der Mut, sich selbst wiederzufinden. Aggression ist ihr raues Echo, der Aufschrei des Lebens, das sich behauptet, das sich nicht klein machen lässt. Wenn ich sie verstehe, verwandelt sie sich in klare Energie, in Handlungsfähigkeit, in aufrechte Lebenskraft. Und tief darunter, in der dunkelsten Kammer, wartet die Verzweiflung. Sie ist der Moment, in dem alles fällt,Masken,

Gewissheiten, Pläne. Sie nimmt mir den Boden, damit ich endlich spüre, dass ich getragen bin, auch wenn ich nicht weiß , von wem. Aus ihrer Tiefe kann Stille wachsen, Demut, ein neues Sehen. Aber auch ein Ende. Ich hoffe das diese Gefühle keine Gegner sind, sondern Boten des Lebendigen, Gesichter des Lebens selbst. Oft wünsche ich mir das ich diese Gefühlte nicht mehr habe. Aber ich glaube dann verliere ich auch meine Menschlichkeit. Ich hoffe das wenn ich lerne ihnen Raum zu geben, in der Lage bin in der Dunkelheit wieder ein Licht zu sehen das nicht blendet, sondern wärmt. Vielleicht liegt darin das Geheimnis der inneren Heilung, nicht das Fliehen vor dem, was weh tut, sondern das liebevolle Hinsehen. Denn erst, wenn ich die Schatten annehmen kann, beginnt mein Herz wirklich zu leuchten.

6 Gedanken zu „Gäste in mir

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